SCHWARZGELD AUF DEM TISCH
Ein Projektentwickler soll Investitionen eines Italieners verwalten. Gedealt wird in einem Restaurant. Das Geld gibt es in einem Koffer. Und als Sicherheit sollen die Kinder dienen.
Die Mafia will ihr Geld anlegen. Ständig ist sie auf der Suche nach lohnenden Investments. Eines der Wirtschaftsfelder, das besonders im Focus der Mafia geraten ist, ist das Geschäft mit der Erneuerbaren Energie. In Italien ist das seit einiger Zeit bekannt. Sizilianische Ermittler berichten, dass die Cosa Nostra vor allem wegen der Fördermittel, mit denen die Öko-Branche gepäppelt werde, ein Auge auf Wind- und Solaranlagen geworfen hat.
Im vergangen Jahr wurden die Geschäfte von Vito Nicastri auf Eis gelegt. Der Sizilianer hatte wie kein zweiter in die Ökobranche investiert. Bis die Anti-Mafia-Behörde 43 seiner Firmen, 98 Immobilien, sieben Autos und Boote sowie 66 Konten sicherstellte. Insgesamt wurde von Nicastri ein Vermögen im Wert von 1,3 Milliarden Euro konfisziert. Eine der größten Beschlagnahmen der italienischen Polizeigeschichte. Die Behörden werfen Nicastri vor, Beziehungen zur Cosa Nostra in Catania, Messina und Palermo zu pflegen.
In Brüssel schlägt die europäische Polizeibehörde Alarm. In einem Bericht von Europol heißt es, die Geldwäsche in grünen Projekten sei besonders für finanzkräftigen Paten reizvoll. Ins Visier haben sie insbesondere die Windparks genommen. „Solche Projekte bieten attraktive Möglichkeiten, von großzügigen Zuschüssen der Mitgliedsstaaten und der EU sowie Steuervorteilen zu profitieren“, schreibt Europol.
Auch in Deutschland drängt die Mafia in das Zukunftsgeschäft mit dem Wind. Dabei geht sie wie gewohnt mit harten Bandagen vor. Sie agiert nicht selbst, sondern sucht sich Strohmänner, die ihr Geld anlegen sollen. Zum Beispiel in Windparks.
Ein Projektentwickler aus dem Rheinland erinnert sich an eine seltsame Begegnung, wie aus einem schlechten Film. Er selbst will anonym bleiben, weil er Angst hat, vor den Konsequenzen seiner Aussage. Der Projektentwickler sammelt Geld bei Investoren ein und baut mit dem Geld Windparks in ganz Europa. Sein Geschäft läuft gut. Trotzdem ist er ständig auf der Suche nach neuen Geldgebern. Eines Tages wurde er von einem Italiener angesprochen.
Hier sein Bericht, was er dann erlebte:
„Ich hatte einen Anruf bekommen von einem Doktor Sani aus Italien. Es war ein sehr angenehmer Gesprächspartner, machte durchaus einen sehr kultivierten Eindruck und war jetzt auch nicht jemand, der großen Druck ausgeübt hat.
Insofern haben wir halt gedacht, OK, fliegen wir halt nach Italien, nach Mailand. Da stand eine große Limousine mit einem Berg von Mann, als Chauffeur, und einer hübschen Beifahrerin.
Wir sind dann etwa 20 Minuten vom Flughafen in die Stadt gefahren und hielten vor einem Restaurant. Auf der rechten Seite der Bar, stand ein Mann und polierte Gläser und grinste mich an, ihm fehlte ein oberer Zahn. Ich ging weiter in dieses Restaurant rein: lange, weiße Tische und hinten links am Fenster, saßen zwei Personen. Die zweite Person bewegte sich so, dass irgendwann zu erkennen war, dass sie eine Waffe trug. Aber nichtsdestotrotz: Wir haben uns über die Eckpunkte des Investments unterhalten.
Wir verabredeten uns zwei Wochen später in der Schweiz, in Zürich, um die Verträge zu unterschreiben. Dann saßen wir da und warteten in der Bahnhofstraße, in diesem großen Schweizer Bankhaus. Die Verträge lagen auf der rechten Seite, auf der linken Seite war dann eine große Fläche. Wir haben uns unterhalten und dann holte der Dr. Sani den Koffer raus und machte ihn auf, drehte ihn um, und dann lagen da. Dr. Sani sagte: Hier ist das Geld, hier sind achteinhalb Millionen. Und ich sagte: Geld? Bargeld? Das nehme ich hier nicht an, das machen wir nicht, so was machen wir nicht.
Doch der Italiener sagte: Ne, ne, ne, machen sie das ruhig, wir haben ja noch was drauf gelegt, eine halbe Millionen, das ist dann für ihre Provision und machen Sie sich mal keine Sorgen, da kommt noch sehr, sehr viel nach.
Die acht Millionen in Bar lagen in einem Koffer vor mir, eine halbe Millionen war für mich. Ich habe gefragt: Was machen Sie, wenn ich jetzt das Geld nehme und weggehe?
Dann kam der Satz: Ja, mein lieber Geschäftspartner, ich weiß ja, ihre beiden Kinder sind 13 und 15 Jahre als, die sind jetzt in der Schule und das gibt mir die Sicherheit, dass mein Geld bei Ihnen gut angelegt ist.“
Der Projektentwickler hat das Geld nicht angenommen. Allerdings hat er den Vorfall auch nie angezeigt.
Es gibt etliche Männer, die dem Ruf des Geldes nicht widerstanden haben. Männer, die der Mafia in Deutschland nun ein deutsches Gesicht geben. Der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, sagt: „Die Mafia in Deutschland sieht nicht aus wie Toto Riina. Sie hört auf den Namen Jürgen oder Horst.“
David Schraven